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Du liest: Cannabis und Epilepsie: Was die Wissenschaft heute wirklich weiß

Könnte Cannabis eine Option zur Behandlung von Epilepsie darstellen? Diese Frage wird in der medizinischen Fachwelt mit zunehmender Intensität diskutiert. Ein Blick in die Studien legt nahe, weshalb gerade alternative Therapieformen wie medizinisches Cannabis für manche Patient:innen relevant werden könnten.


Das Wichtigste in Kürze:

  • CBD könnte bei therapieresistenter Epilepsie helfen: Studien zeigen, dass Cannabidiol (CBD) epileptische Anfälle bei Kindern deutlich reduzieren kann – besonders beim Dravet- und Lennox-Gastaut-Syndrom.
  • THC bleibt umstritten: Tetrahydrocannabinol (THC) zeigt teils krampflösende, teils anfallsauslösende Effekte – deshalb und wegen seiner psychoaktiven Wirkung wird es nicht empfohlen.
  • Erwachsene: Forschungslage dünn: Für erwachsene Epilepsie-Patient:innen gibt es bislang nur wenige Studien zu CBD – weitere Forschung ist notwendig.
  • CBD ist kein Selbstläufer: Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Durchfall oder Wechselwirkungen mit anderen Antiepileptika sind möglich – ärztliche Begleitung ist unerlässlich.
  • Vielversprechend, aber kein Wundermittel: CBD hat das Potenzial, die Epilepsietherapie zu ergänzen – ein Goldstandard ist es noch nicht, aber ein Hoffnungsträger für bestimmte Patient:innen.

Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie leiden zwischen 0,5 und 1 Prozent der Bevölkerung an Epilepsie – das entspricht rund 400.000 bis 800.000 Menschen allein in Deutschland. Bei etwa einem Drittel der Betroffenen bleibt der therapeutische Erfolg herkömmlicher Antiepileptika aus oder fällt geringer aus als erhofft. Hinzu kommt: Die Einnahme klassischer Medikamente kann mit unerwünschten Nebenwirkungen einhergehen – ein Umstand, der viele Patient:innen dazu veranlasst, nach alternativen Behandlungsmöglichkeiten zu suchen.

Cannabis-Therapie für Epilepsiepatienten

Tatsächlich ist der Einsatz von Cannabidiol (CBD), einem nicht psychoaktiven Bestandteil der Cannabispflanze, unter bestimmten Bedingungen bereits heute medizinisch zugelassen. In Deutschland darf das CBD-Arzneimittel Epidyolex® in folgenden Fällen verordnet werden:

  • Seit 2019: Als Zusatztherapie bei Kindern mit Lennox-Gastaut-Syndrom und Dravet-Syndrom
  • Seit 2021: Zur Behandlung von Epilepsie im Zusammenhang mit dem Tuberösen Sklerosekomplex

Ob Cannabis Menschen mit Epilepsie helfen kann, wird derzeit intensiv erforscht. Im Folgenden ein Überblick über die wichtigsten Studien – und das, was sich bislang daraus schließen lässt.

Was ist Epilepsie – und was sind ihre Ursachen?

Epilepsie ist eine chronische neurologische Erkrankung, die durch wiederkehrende Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle entstehen, wenn Nervenzellen im Gehirn plötzlich und unkontrolliert elektrische Impulse abfeuern – synchronisiert, massenhaft, unwillkürlich. Diese Störung kann zahlreiche Ursachen haben.

So kann Epilepsie angeboren sein oder auf strukturelle Veränderungen, genetische Prädispositionen oder Stoffwechselerkrankungen zurückgehen. Tumore, traumatische Hirnverletzungen oder Entzündungen des Gehirns sind mögliche Auslöser. Liegt keine erkennbare Grunderkrankung vor, können auch äußere Faktoren wie Drogenkonsum, Alkohol, Medikamente, Schlafentzug, hohes Fieber oder psychischer Stress eine Anfallsbereitschaft begünstigen.

Cannabidiol bei Epilepsie: Was Studien zur Wirksamkeit zeigen

Cannabidiol (CBD) zählt heute zu den bekanntesten Wirkstoffen der Hanfpflanze. Seine medizinische Anwendung bei bestimmten Epilepsieformen gilt inzwischen als anerkannt – eine Einschätzung, die durch zahlreiche wissenschaftliche Studien gestützt wird.

Einigkeit herrscht insbesondere darüber, dass CBD ergänzend zur klassischen antiepileptischen Therapie wirksam sein kann – vor allem bei Kindern und Jugendlichen mit Lennox-Gastaut- oder Dravet-Syndrom, zwei seltenen, schwer behandelbaren Epilepsieformen, die bereits im frühen Kindesalter beginnen.

In den bisherigen Studien zeigte sich ein konsistentes Bild: CBD konnte die Häufigkeit epileptischer Anfälle signifikant reduzieren. Die Datenlage wird von Fachkreisen inzwischen als ausreichend belastbar angesehen, um die Substanz als sinnvolle Ergänzung der Standardtherapie zu bewerten. [1] Für Erwachsene mit Epilepsie lässt sich derzeit jedoch nur wenig Konkretes sagen – hier ist die Studienlage nach wie vor dünn.

Studie: CBD kann Anfälle bei Kindern und Jugendlichen deutlich reduzieren

Eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie aus dem Jahr 2017 untersuchte den Einsatz von CBD beim Dravet-Syndrom. 120 Kinder und junge Erwachsene erhielten zusätzlich zur Standardtherapie entweder ein Cannabidiol-Präparat oder ein Placebo.

Das Ergebnis: Die monatliche Häufigkeit epileptischer Anfälle sank unter CBD von 12,4 auf 5,9, während sie in der Placebo-Gruppe nur leicht von 14,9 auf 14,1 zurückging. Auch der subjektive Gesundheitszustand besserte sich unter CBD signifikant: In der Behandlungsgruppe berichteten 62 Prozent der Patient:innen von einer Verbesserung, im Placebo-Arm waren es 34 Prozent. Fünf Prozent der mit CBD behandelten Kinder wurden sogar anfallsfrei.

Gleichzeitig traten in der CBD-Gruppe häufiger Nebenwirkungen auf – darunter Durchfall, Erbrechen, Müdigkeit, Fieber sowie auffällige Leberfunktionswerte.[2]

Was über CBD bei erwachsenen Patienten bekannt ist

Eine der wenigen Untersuchungen, die sich gezielt mit erwachsenen Patient:innen befasst, stammt vom Johns-Hopkins-Institut und wurde 2021 publiziert. Die Teilnehmenden berichteten, dass sie unter Einnahme von freiverkäuflichem CBD ihre klassischen Epilepsiemedikamente besser vertrugen und weniger Bedarf an verschreibungspflichtigen Mitteln verspürten als die Vergleichsgruppe ohne CBD.[3]

Doch auch hier gilt: Die Datenlage ist bislang zu dünn, um tragfähige medizinische Empfehlungen abzuleiten. Weitere Studien sind dringend erforderlich.

THC bei Epilepsie: Zwischen Hoffnung und Vorsicht

Tetrahydrocannabinol (THC), der psychoaktive Hauptwirkstoff der Hanfpflanze, wurde ebenfalls auf seine antikonvulsive Wirkung untersucht – allerdings mit uneinheitlichem Ergebnis.

Einige Studien bescheinigen THC einen krampflösenden Effekt; andere fanden keinen nachweisbaren Nutzen oder kamen gar zu dem Schluss, dass THC Anfälle begünstigen könnte. Angesichts dieser widersprüchlichen Datenlage und der psychoaktiven Eigenschaften des Wirkstoffs ist derzeit keine seriöse Empfehlung für den Einsatz von THC bei Epilepsie möglich.[4]

Nebenwirkungen und Wechselwirkungen bei der CBD-Therapie

Eine 2015 durchgeführte Studie untersuchte, ob CBD zusätzlich zu bestehenden Antiepileptika bei therapieresistenter Epilepsie wirksam und verträglich ist. Die häufigsten unerwünschten Effekte: Benommenheit (25 %), Appetitverlust (19 %), Durchfall (19 %), Müdigkeit (13 %) und – paradoxerweise – Krampfanfälle (11 %). Drei Prozent der Teilnehmenden mussten die Therapie aufgrund unerwünschter Wirkungen abbrechen.[5]

Eine Übersichtsarbeit der University of Alabama analysierte mehrere Studien zum Einsatz von CBD bei Epilepsie. Die Forschenden kamen zu dem Schluss, dass CBD im Allgemeinen gut verträglich sei. Häufige Nebenwirkungen: Durchfall und Sedierung. Letztere trat vor allem bei Patient:innen auf, die parallel Clobazam einnahmen – ein ebenfalls zur Epilepsie-Behandlung eingesetztes Medikament.

Auffällig war auch eine erhöhte Leberenzymaktivität (Aspartat-Aminotransferase, Alanin-Aminotransferase), die insbesondere bei Patient:innen auftrat, die gleichzeitig Valproat einnahmen. Beide Enzyme gelten als Marker für eine mögliche Leberschädigung.

Zudem zeigten sich Hinweise auf Wechselwirkungen mit weiteren Antiepileptika wie Rufinamid, Zonisamid, Topiramat und Eslicarbazepin. Bei gleichzeitiger Einnahme mit CBD sollte also stets eine enge ärztliche Überwachung erfolgen.[6]

Cannabis bei Epilepsie: Vielversprechend, aber noch kein Goldstandard

Die derzeitige Studienlage legt nahe: Wenn es um Cannabinoide in der Epilepsiebehandlung geht, steht CBD im Zentrum des Interesses. Für Kinder und Jugendliche mit bestimmten Epilepsieformen – insbesondere dem Dravet- und dem Lennox-Gastaut-Syndrom – liegen inzwischen vielversprechende Daten vor. Bei Erwachsenen hingegen ist die Forschung noch lückenhaft. Auch zur Rolle von THC besteht weiterhin erheblicher Klärungsbedarf.

CBD gilt als grundsätzlich gut verträglich, doch mögliche Wechselwirkungen mit anderen Antiepileptika sind nicht zu unterschätzen. Wer eine entsprechende Cannabistherapie erwägt, sollte dies immer in enger Absprache mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt tun.


FAQ

Kann Cannabis Krampfanfälle auslösen?

Ja, bestimmte Bestandteile von Cannabis können in seltenen Fällen Krampfanfälle auslösen – insbesondere THC, der psychoaktive Wirkstoff der Pflanze. Während CBD in Studien als gut verträglich und krampflösend gilt, ist die Wirkung von THC weniger klar: Einige Untersuchungen deuten auf krampflösende Effekte hin, andere zeigen eine mögliche Zunahme von Anfällen. Aufgrund dieser Unsicherheit und der psychoaktiven Nebenwirkungen wird THC bei Epilepsie derzeit nicht empfohlen.

Ist "Kiffen" bei Epilepsie gut oder schlecht?

„Kiffen“ – also das Rauchen von THC-haltigem Cannabis – ist bei Epilepsie nicht empfehlenswert. Zwar gibt es Hinweise darauf, dass bestimmte Cannabinoide wie CBD epileptische Anfälle lindern können, doch THC, der psychoaktive Bestandteil beim Kiffen, kann die Krampfanfälligkeit unter Umständen sogar erhöhen. Zudem sind Wirkung und Dosierung beim Freizeitkonsum kaum kontrollierbar.

Was verschlimmert Epilepsie?

Epilepsie kann sich durch verschiedene Faktoren verschlimmern, darunter Schlafmangel, Stress, Alkoholkonsum, bestimmte Medikamente, flackerndes Licht (z. B. bei Fotosensibilität) und hormonelle Veränderungen wie während der Menstruation. Auch das vergessene Einnehmen von Antiepileptika oder Infektionen mit Fieber können Anfälle begünstigen. Da die Auslöser individuell verschieden sind, ist es sinnvoll, ein Anfallstagebuch zu führen und gemeinsam mit der behandelnden Ärztin oder dem Arzt persönliche Trigger zu identifizieren.


Quellen

[1] Eltze, C., Alshehhi, S., Ghfeli, A. A., Vyas, K., Saravanai-Prabu, S., Gusto, G., Khachatryan, A., Martinez, M., & Desurkar, A. (2024). The use of cannabidiol in patients with Lennox-Gastaut syndrome and Dravet syndrome in the UK Early Access Program: A retrospective chart review study. Epilepsy & Behavior Reports, 29, 100731.

[2] Devinsky, O., Cross, J. H., Laux, L., Marsh, E., Miller, I., Nabbout, R., Scheffer, I. E., Thiele, E. A., & Wright, S., for the Cannabidiol in Dravet Syndrome Study Group. (2017). Trial of cannabidiol for drug-resistant seizures in the Dravet syndrome. The New England Journal of Medicine, 376(21), 2011–2020.

[3] Strickland, J. C., Jackson, H., Schlienz, N. J., Salpekar, J. A., Martin, E. L., Munson, J., Bonn-Miller, M. O., & Vandrey, R. (2021). Cross-sectional and longitudinal evaluation of cannabidiol (CBD) product use and health among people with epilepsy. Epilepsy & Behavior, 122, 108205.

[4] Mukhtar, M. S. A., Gupta, R., & Balpande, R. (2025). Assessing the neuroprotective benefits of Cannabis sativa in epilepsy management. Brain Disorders, 17, 100180.

[5] Devinsky, O., Marsh, E., Friedman, D., Thiele, E., Laux, L., Sullivan, J., Miller, I., Flamini, R., Wilfong, A., Filloux, F., Wong, M., Tilton, N., Bruno, P., Bluvstein, J., Hedlund, J., Kamens, R., Nangia, S., Singhal, N. S., Wilson, C. A., ... & Patel, A. D. (2016). Cannabidiol in patients with treatment-resistant epilepsy: An open-label interventional trial. The Lancet Neurology, 15(3), 270–278.

[6] Gaston, T. E., & Szaflarski, J. P. (2018). Cannabis for the treatment of epilepsy: An update. Current Neurology and Neuroscience Reports, 18(11), 73.

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